...dann spaziere ich in Buenos Aires in der lauen Sonne und setze mich mit meinem Buch auf die Stufen an einem Platz. Auf dem ich meine Nase in die warme Sonne strecke und die Zeit verrinnen lasse.
...dann lässt das weiche Winterlicht in den von alten Bäumen gesäumten Strassen dieser Stadt die zerbeulten Autos, die kaputten Gesteige und die ein bisschen heruntergekommenen Altbauten besonders schön erscheinen.
...dann ist die vielbesagte Melancholie dieser Metropole von Einwanderern aus der alten Welt, scheint mir an einem solchen Nachmittag beinahe greifbar.
...dann sind die Strassencafés voll von älteren herausgeutzten Damen mit ihren ebenfalls herausgeputzen Pudeln, die Tratsch unbd Klatsch bei einem Jarrito Café con Crema und einer Torta austauschen.
Angsichts der vertrauten Jugenstilfassaden fühlt man sich hier gleich ein bisschen zuhause, aber die Menschen, die typischen Kioskos, Chinos und Eckrestaurants, die riesigen Wohntempel, die lauten Collectivos und uralten Taxis und der in der Luft liegende Parillageruch sind unverkennbar mit dieser wunderschönen Stadt und Lateinamerika verbunden.
An jeder Ecke ein Café, ein Blumenstand, eine Eisdiele oder Zeitungsstand.
Tausende Schönheitssalons, Depilationsstudios, unglaublich viele Klammotten- und Schuhgeschäfte, lassen schon erahnen warum es heisst in Buenos Aires wären die Frauen mit die schönsten der Welt. (July und ich sind allerdings beide der Meinung, dass sich das nicht auf die Männer ausgewirkt hat;-))
In keiner anderen Stadt wurde mir soviel Landeskultur im Taxi nahegebracht wie hier.
Ein knapp 80jähriger Fahrer, der mir um 6uhr morgens auf seinem Handy ein abfotografiertes Foto seiner Hochzeit 1956 zeigt und erklärt, dass seine Frau die schönste der Welt sei (ausgewanderte Italienerin), deren Alter man ihr heute immernoch nicht ansehen würde.
Ein anderer Fahrer, fing an mir zwischen den alten Tangoklassikern aus seinem Radio plötzlich über die Seele und die Leidenschaft beim Tangotanzen zu erzählen. "Wenn man nicht angefasst werden will - dann ist das nicht der richtige Tanz! es bedeutet nichts, aber die Nähe und der Kontakt von Mann und Frau - das Verlangen und die Melancholie der Welt - das alles kann man nur spüren wenn man Tango tanzt."
Aaaha, so ist das also. Ich muss dazu sagen ich habs stäflicher weise ausgelassen das Tangotanzen.. Aber wenn man sichs ansieht, gehts tatsächlich nicht ohne Anfassen;-)
Wieder ein anderer erklärte er hatte bis zur Krise 2001 als Ingenieur in einem grossen Unternehmen gearbeitet und nun muss er Taxifahren um seine Familie zu ernähren. Aber er hat einen guten Chef und ist glücklich, dass der ihm so ein neuwertiges Taxi vermietet.
Und Taxis würden immer gebraucht, auch in Krisenzeiten.
Und alle Fragen einen: Woher kommst Du? Alemania!! oh! Gefällt die Buenos Aires? Ja? und die Männer??? Heirate doch hier und bleib.
Nur einer meinte: Was, du kommst aus Deutschland? Und was machst du dann hier? bist du verrückt und gibst all das auf um hier zu arbeiten? tauschen wir! ich geh nach Deutschland und du bleibst hier.
Darüberhinaus habe ich schon Diskussionen über Bildung, Kultur, Reisen, Politik und weis der Kuckuck nicht was noch alles im Taxi geführt.
also wer eine Auskuft über die Stadt will, setze sich einfach in eines der tausenden schwarz-gelben Rostlauben und beginne das Gespräch mit einem Lächeln und den Worten "Buenas tardes! como estas?" Je älter der Fahrer und kaputter das Taxi, um so besser die Gespräche:-)
heute habe ich einen Brief mit ein paar Fotos nach Deutschland geschickt.
bei DHL wollten sie 109USD!!! für die Zustellung! und bei correo argentino, der normalen Post nur 28 pesos. + 40 centavos für den Umschlag. Das ist nur ein Beispiel für ein paar Dinge die mir hier immernoch Rästel aufgeben. (Was für abartige preisunterschiede: wohlgemerkt 28 pesos sind nur 7 USD)
Zum Beispiel die unglaubliche Geduld, mit denen sich für allesmögliche in die Schlange gestellt wird. Egal ob morgens an der Bank, oder abens an der Bushaltestelle. Manchmal einfach an einer Strassenecke, ohne erkennbaren Grund, warum sich eine Schlange von 30 Menschen lohnt...
Im Supermarkt eine Wartezeit von 25 min, obwohl nur 3 Leute vor einem stehn.
Warum das so lange dauert? Weil die Kassiererin ein Müsliriegel isst, oder erst den Kleingeld bestand auffüllen muss, oder mit dem Pass und der EC Karte des Kunden an eine andre Stelle zum bezahlen rennen muss...Oder sie schlicht und einfach im Schneckentempo die Dinge in unzählige kleine Plastiktüten verpackt.
Die Angwohnheit auch wildfremden Menschen seinen Mate anzubieten, andererseits dem Nachbarn übers Ohr zu haun, indem man ihm seinen bekannten als Handwerker vermittelt, um dabei eine kleine Provision zu erhalten.
Der eigenen Regierung keinen Meter über den Weg zu trauen und das in unglaublich vielen und lautstarken Demonstrationen kundzutun, auf die man aber nicht selber geht, sondern sich einer speziellen Berufsgruppe bedient.
Die malen die Transparente und gehen für das auf die Strasse, wofür sie an dem Tag bezahlt werden.
Das alles gehört aber zu der Lebensweise und dem Charakter dieses Landes und machen Argentinien und seine Hauptstadt zu einem ausgesprochen tollen Ort der immer eine Reise wert sein wird.
Das ganze Land hat so viel zu bieten, dass ich selbst nach der ganzen Zeit immer noch nicht alles sehen konnte.
Bleibt auf zumindestens eine Rückkehr nach Patagonien um die Vuelta übers patagonische Inlandeis zu machen. Und auf diesem Wege natürlich auch Buenos Aires der Schönen einen Besuch abzustatten.
Noch bin ich genau 5 Wochen hier und über jeden Tag froh den ich hier verbringen darf!
oléoléolá cada día te quiero más!!!
en este sentido, un gran abrazo desde aca!
eure Corinna
3 Kommentare:
Das hast du aber alles sehr schön geschrieben und dargestellt und ich kann dir in allen Punkt nur recht geben.
Wenn ich nicht wüsste, dass du krank daheim bist, würde ich mich nur fragen, ob dir in der Arbeit langweilig ist:-)
Freu mich, wenn heute Abend deine Quarantäne Zeit zu Ende geht und wir uns wiedersehen können, vorausgesetzt ich komme nicht erst wieder um 22 Uhr von der Arbeit nach Hause.
Beso grande, linda, July
...und du bist dir sicher, dass wir uns nicht doch im gleichen Land aufhalten :-). 90% von deinem Bericht könnte ich sofort auch für Mexico unterschreiben...
nos vemos en Erlangen!!!
Steffi
Ja also das mit der Kasse kenn ich nur zu gut. Du kannst gar nicht glauben, wie toll ich mich inzwischen im deutschen Supermarkt fühle. Das erste Mal nach meiner Rückkher wollte ich förmlich die Kassiererin knutschen, da alles so schnell ging. Seither habe ich immer unbewusst ein Augenmerk auf den Kassierprozess und bin immer wieder erstaunt wie toll und schnell das hierzulande geht.
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